Ein leerer Container – Ein Kapitel Technikgeschichte

Das waren noch Zeiten: Da feierte man ein Jubiläum, als der hundertste Container umgeschlagen wurde. Hans Jacob arbeitete damals beim Schiffsmakler Dauelsberg. Er erinnert sich, wie misstrauisch auch die Bremer Hafenwirtschaft der „amerikanischen Kiste“ anfangs gegenüberstand. Und was damals alles schief gehen konnte.

Es waren nicht nur die Zahlendreher, welche den Pionieren Schwierigkeiten bereiteten und die einen Container in die Walachei schicken konnten. Der Umschlag verlangte auch ganz anderes Gerät als das herkömmliche. Glücklicherweise hatten die Bremer kein großes Aufsehen davon gemacht, als mit der „Fairland“ 1966 das erste Containerschiff im Bremer Überseehafen festmachte. Denn schon beim Entladen der zweiten „Blechkiste“ aus dem Schiffsbauch rutschte sie aus dem schiffseigenen Ladegeschirr und knallte auf das Führerhaus des bereitstehenden LKW. Kinderkrankheiten.

Rationalisierung
1966, die Fairland mit den ersten Containern im Bremer Hafen

Die EDV löste das Laufen von Container zu Container ab, um die Codes zu notieren; die Brücke ersetzte den Umschlag per Kran oder Ladegeschirr. Der Container revolutionierte nicht nur die Transporttechniken von Spediteuren und Eisenbahn sondern auch die Arbeit im Hafen. Konnte ein „Gang“ mit 17 Mann Anfang der 50er Jahre 18 Tonnen Stückgut in einer Schicht verladen, so leistete eine halb so große Mannschaft 30 Jahre später das Hundertfache. Alles traditionelle „Stückgut“, Kaffeesäcke oder Baumwollballen, das in einen Container passte, verschwand hinter den Blechwänden des neuen Behälters. Der Stauhaken, Symbol der traditionellen Hafenarbeit, wanderte ins Museum.

Revolutionierung des Transports
Als der amerikanische Unternehmer McLean mit einem umgebauten Tanker im April 1956 die ersten 60 Container auf die Reise von New Jersey nach Houston schickte, ahnten Gewerkschaftler wie auch Spediteure, was auf sie zukommen würde – und opponierten heftig. Die einen befürchteten massenhafte Entlassungen, die anderen das Ende des lukrativen Stückgutgeschäfts. Doch McLean setze sich durch. Damit begann die Revolutionierung des Transportgewerbes – der Hafenumschlag war nur noch Teil einer auf den Container genormten Transportkette. Die Hersteller von Lastkraftwagen, Waggons und Schiffen mussten ihre Fahrzeuge so umbauen, dass auch sie Container befördern konnten. Als McLeans erste Container in Deutschland ankamen, musste er auch noch die dazu passenden LKW liefern.

Das Schiff als „Zugmaschine“
Das fiel ihm nicht schwer, kam er doch vom alten Speditionsgewerbe. 1955 hatte er seine Anteile aus der McLean Trucking Company mit immerhin 1800 Fahrzeugen verkauft. In diesem Geschäft hatte er unmittelbar erfahren, wieviel Zeit beim Umladen der Güter anfiel – Zeit, in der seine Fahrzeuge stillstanden. So hatte er bereits damit experimentiert, den kompletten Auflieger des Trucks direkt auf das Schiff zu verladen. Jetzt wollte er sich aus der Abhängigkeit der Reeder befreien, mit einem Startkapital von sechs Millionen Dollar kaufte er sich selbst eine kleine Reederei und zwei ausrangierte Tanker der US-Marine. Die baute er zu den ersten Containerschiffen um. Zwei Jahre darauf gelang es ihm, einen regelmäßigen Liniendienst an der amerikanischen Ostküste zu eröffnen. Die Maße der Container entsprachen genau jenen Größen, welche die Trucks am besten bewältigen konnten. Als die Fairland 1966 Bremen anlief, begann der transatlantische Verkehr von „Sea-Land“. Die Benennung allerdings verkehrte die Verhältnisse. Nicht die See stand an erster Stelle, in Wirklichkeit hatte der Landtransport die maritime Wirtschaft geentert und sollte sie nach ihren Bedürfnissen umformen. Der Erfinder des Containers hielt nichts von maritimen Traditionen: „Für mich ist das Schiff nichts weiter als eine Zugmaschine“, soll der alte Spediteur gesagt haben.

Die „Emma Maersk“, seinerzeit weltweit das größte Containerschiff, bei ihrem ersten Festmachen in Bremerhaven, 2006. Noch ist der Containerterminal IV im Bau, ab 2008 besitzt Bremen die weltweit größte Stromkaje mit einer Länge von 5 km.


Interview: Boris Niclas mit Hans Jacobs, 2010
Schnitt: Boris Niclas, 2011
Text / Recherche: Achim Saur
Fotos in der Reihenfolge: Geschichtskontor, Hermann Brandt; Bremen Logistic Group, Foto Fleck; Bremen Logistic Group, Brockmöller; Staatsarchiv, K.E. Schmidt; CC-BY-SA-2.5, Hannes Grobe

Zum Weiterlesen: Birte Gräfing, Vom Stauhaken zum Container. Hafenarbeit im Wandel, Bremen 2008, Verlag Kellner (Hrsg. Dirk Heinrichs)

Einige interessante Bilder von der Arbeit des Stauens heute sind zu sehen in dem Werbefilm der Stauerei Heinrichs

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