Hans Brockmöller – Schiffe, Hafen, Fische

Hans Brockmöller war bekannt als ein Chronist der Bremer Häfen. Als freier Fotograf begleitete er außerdem den Wiederaufbau sowie  das tägliche Geschehen der Stadt.  Als Industriefotograf dokumentierte er zudem neu entstehende Firmensitze, Montagehallen und vieles mehr.

 

Der Artist

Hans Brockmöller war bekannt als ein Chronist der Bremer Häfen. Ab den 1950er Jahren finden sich seine Fotografien in zahlreichen Bildbänden, Broschüren und auf Postkarten. Für ein gutes Foto war er bereit, auf Schuppendächer und Kranausleger zu klettern, weshalb er unter seinen Kollegen als „der Artist“ galt.

„Jeder Kranführer kannte ihn und drehte auch mal zurück, wenn es galt, das Umschlagsgut noch besser vor die Linse zu bekommen“.

(Aus  einem Nachruf von 1977 im „Weserlotsen“)  

 

Angela Piplak, Leiterin des Geschichtskontors, und Wilfried Brandes-Ebert, Mitarbeiter im Hafenarchiv sowie Initiator der Ausstellung im Lugger, erläutern die Arbeitsmethode von Hans Brockmöller.

Ein glücklicher Fund

Nach seinem Tod 1977 geriet das fotografische Erbe von Brockmöller fast in Vergessenheit. Vierzig Jahre später erfuhr Wilfried Brandes-Ebert von Brockmöllers Nachlass, der in einem Keller in der Bremer Neustadt lagerte und nahm Kontakt zu dessen Familie auf. Dank der Unterstützung der Familie Brockmöller konnten so in den letzten Jahren die über 9.000 Dias, Handabzüge und Negative gesichtet und digitalisiert werden. 

Über den beruflichen Werdegang von Hans Brockmöller ist nur wenig bekannt. Geboren 1911, lebte er bis zu seinem Tod 1977 in der Bremer Neustadt. Der Eintrag im Adressbuch von 1937 weist als Beruf kaufmännischer Angestellter aus. Die ersten Fotografien des Nachlasses datieren auf das Jahr 1938, doch erst nach dem zweiten Weltkrieg wandte er sich beruflich ganz der Fotografie zu. Bis zu seinem frühen Unfalltod im süddeutschen Altenburg arbeitete er als freier Fotograf.

Wie viele Fotografen seiner Generation hatte er keine Ausbildung in einem Fotoatelier absolviert, sondern er brachte sich als Autodidakt das notwendige Wissen selbst bei. Direkt nach Kriegsende begann er die Zerstörungen Bremens zu dokumentieren. 

 

Als freier Fotograf des Weser Kuriers begleitete er in den 1950er Jahren den Wiederaufbau, das tägliche Geschehen sowie die kleinen und großen Ereignisse der Stadt – so wie hier den Austausch eines Kabels in Wesernähe.

Als Industriefotograf dokumentierte er neu entstehende Firmensitze, Montagehallen und vieles mehr. Sein fotografischer Schwerpunkt waren und blieben jedoch bis zu seinem Tod die Bremer Häfen.

Seine Aufträge erhielt er von Bremer Hafenfirmen sowie von Fachzeitschriften wie dem Magazin „Weserlotse“, das monatlich über Schiffsankünfte, Ladungen, Hafenwirtschaft und Seehandel berichtete.

Kleine Karren und Riesenpötte

Nach dem Krieg hatte der Wiederaufbau der Häfen für Bremen Priorität. Ihre Funktion als Nachschubhafen der US-Besatzungszone beförderte zusätzlich eine rasche Instandsetzung der Hafenanlagen. Bereits Anfang der 1950er Jahre hatte das Umschlagsvolumen am Überseehafen wieder Vorkriegsniveau erreicht. In den folgenden zehn Jahren gelang gar eine Verdreifachung des Warenumschlags, die den dringend erforderlichen Ausbau der Bremer Hafenareale zur Folge hatte.

Geprägt waren die 1950er–1970er Jahre vom konventionellen Stückgutumschlag: Eine Vielzahl unterschiedlichster Güter musste aufwendig einzeln verladen oder per Kran gelöscht werden. Der Umschlag war entsprechend zeitintensiv und erforderte hohen Personaleinsatz. Hafenarbeit war vor allem schwere körperliche Arbeit, die von ungelernten Kräften verrichtet werden konnte. Es galt das geflügelte Wort „Kannste Karre schieben, kannste Arbeit kriegen“.

Mit zunehmender Technisierung wurde die Hafenarbeit jedoch anspruchsvoller.  Hans Brockmöller begleitete mit seiner Kamera all diese Entwicklungen. Seit den 1920er Jahren waren auf den Kajen Elektrokarren im Einsatz gewesen, die das Löschen und Stauen der Ladung unterstützten. Säcke, Fässer, Ballen und Kisten wurden jedoch auch noch in den 1950er Jahren auf Sackkarren in die Schuppen verbracht. Erst die Einführung des Gabelstaplers und das Verstauen auf Paletten in den 1960er Jahren löste den Elektrokarren an der Kaje allmählich ab. In den Schuppen selbst blieben indes die wendigen Sackkarren noch viele Jahre im Einsatz

Mitte der 1960er Jahre zeichnete sich mit dem Beginn des Container-Zeitalters ein enormer Entwicklungssprung ab. Bremen und Rotterdam waren die ersten europäischen Zielhäfen des Vollcontainerschiffs MS Fairland, das im Mai 1966 im Bremer Überseehafen gelöscht wurdee Ankunft des US-amerikanischen Schiffs wurde von Hans Brockmöller fotografisch dokumentiert – es sollte sein bekanntestes Foto werden. 

Trotz der technischen Neuerungen war im traditionellen Stückgutumschlag weiterhin viel Handarbeit gefordert. Hans Brockmöller dokumentierte nicht nur die technischen Entwicklungen des Hafenumschlags – sein Interesse galt immer auch der Arbeit im Hafen. Fast alle Tätigkeiten an der Kaje wurden von ihm mit der Kamera festgehalten, vom Festmachen über die Arbeiten an Bord bis zum Löschen, Hieven, Zählen, Stapeln, Prüfen, Probenziehen, Verplomben, Stauen und Ablegen. Dank des Respekts, den er im Hafen genoss, gelang es Brockmöller stets, unmittelbar dabei zu sein, wie bei den wartungsarbeiten doieses Kranführers.

Hans Brockmöllers Fotografien bestechen nicht nur durch die Nähe zum Geschehen, sondern auch durch ungewöhnliche Perspektiven und Sichtachsen. Aus der Vogelperspektive vom Kranausleger etwa gelangen ihm beeindruckende Bilder, wie der Blick von einem Schwimmkran über den Überseehafen zu Beginn der 1950er Jahre.Im Hintergrund ragt deutlich der neu gebaute Speicher I heraus, während der Europahafen noch nicht wiederhergestellt ist. Etwas weiter im Hintergrund sind die zerstörten Kirchen Wilhadi, St.Michaelis und St. Stephani gut zu erkennen. 

Zerstörte Brücken und moderne Architektur

Wie viele seiner Kollegen, zum Beispiel Hans Saebens oder Georg Schmidt, begann Hans Brockmöller nach Ende des zweiten Weltkriegs das zerstörte Bremen zu fotografieren.Fast sinnbildlich steht dafür das Motiv der von der Wehrmacht zerstörten Weserbrücken. Die Aufnahme Brockmöllers zeigt die West- und Eisenbahnbrücke mit einem Pferdefuhrwerk am rechten Rand. Die Wohnbebauung in Bremen war bei Kriegsende zu 60% zerstört, die Hafengebiete zu 80%.

Für seine Auftraggeber aus der Industrie fotografierte er zunehmend die neu entstehende moderne Architektur Bremens, wie das neue Berufsbildungszentrum am Doventor. Das alte, nicht vom Krieg zerstörte Bremen findet sich auf diesen Bildern häufig am Rande, fast beiläufig wieder. Rechts neben dem mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Ensemble ragt der Turm der zerstörten St.Michaelis Kirche. 

Historisch interessant sind die Fotografien aus dem Bremer Westen. Vom Dach des Speichers I mit Blick über das alte, freigeräumte Gelände der „Jute“ fotografierte Brockmöller ein Panorama des wiederaufgebauten Bremer Westens. Die Aufnahme des südlichen Turms der ehemaligen „Jute“ ist ein kleiner fotografischer Schatz.

 

Die Herings-Logger im Lugger

Brockmöllers Faszination für Maritimes und ungewöhnliche Perspektiven bestimmen seine Fotografie auch abseits der Bremischen Häfen.  Die Überführung der umgebauten ehemaligen Pasteur begleitete er 1959. Als „Bremen“ verkehrte sie als fünftes und letztes Passagierschiff dieses Namens im Liniendienst für den Norddeutschen Lloyd zwischen Bremerhaven und New York. Am rechten Bildrand steht das Kraftwerk Farge, während am linken Rand der monströse Bau des U-Bootbunkers Valentin schemenhaft zu erkennen ist. 

In anderen Bildern aus Bremen Nord vereinigen sich die Schwerpunkte seines fotografischen Schaffens erneut. Auf dem Werbefoto für die Deutsche Heringshandelsgesellschaft lächelt eine Packerin voller Stolz in die Kamera und präsentiert am Lesumpier ein Heringsfass. Die schwere körperliche Arbeit ist ihr anzusehen.

Mit der „Bremen-Vegesacker Fischerei Gesellschaft“ lag die zwischenzeitlich größte Fischereigesellschaft Europas in Vegesack. 

Der Fischer Johannes Makkes erzählt von der Arbeit auf einem Heringslogger.

Ein Vegesacker Heringslogger bei der Arbeit

Wilfried Brandes Ebert erläutert, warum die Ausstellung mit Bildern von Hans Brockmöller besonders gut in die Gaststätte „Lugger“ passt. 

Im „Lugger“ im Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51, sind die Fotografien bis zum 30. Dezember zu sehen. Kneipe und Ausstellung sind täglich ab 17 Uhr geöffnet. Sonntags ist Ruhetag.

Text: Angela Piplak
Redaktion: Ralf Lorenzen
O-Ton von Johannes Makkes: Detlef Michelers

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