Utbremen

Heute heißt der ganze Stadtteil zwischen Waller Friedhof, Landwehrstraße, Doventorsteinweg und den Häfen „Walle“ – in seiner Entstehungsgeschichte sind hier aber unterschiedliche Gebiete aufgrund der Industrialisierung zusammengewachsen. Ursprünglich lag Utbremen direkt vor dem Stephani- und Doventor, auf der Karte nach 1875 deutlich als schon bebautes Gebiet gegenüber dem noch dörflich abgeschiedenen Walle zu erkennen.

Utbremen, damals noch ‚Utbremer Feldmark‘, wurde aufgrund seines städtischen Charakters und der steigenden Bevölkerungszahl schon 1848 bis auf die Höhe der heutigen Grenzstraße in die Stadt Bremen eingemeindet. Mit der Reichsgründung 1870/71 entwickelte sich ein Bauboom vor den Toren der Stadt, doch ein geschlossenes Wohngebiet bis zum ehemaligen Dorf Walle entstand erst im Zuge des Hafenbaus nach 1888. Utbremerstraße, Panzenberg und Lützowerstraße gehören zu dem ganz alten Bestand in diesem Gebiet. Um die Jahrhundertwende prägten zahlreiche städtische, auch gut bürgerliche Bremer Wohnhäuser mit Wintergärten das Utbremer Straßenbild.

Utbremer Straße, Höhe Schröderstraße (Nähe Fernsehturm)

Panzenberg
Der Panzenberg, hier eine Aufnahme aus den zwanziger Jahren, bildete die zentrale Drehscheibe im vorderen Utbremen. Von dieser Kreuzung führte die Hemmstraße nach Findorff, die Düsternstraße in Richtung Bahnhof. Über den Doventorsteinweg verlief die ursprüngliche Verbindung von der Stadt nach Burg. Der Haferkamp, rechts, stellte die Verbindung zur Nordstraße her.

Haferkamp
Am Haferkamp befand sich ein „Betriebsbahnhof“ der Bremer Straßenbahn AG. Ursprünglich als Depot der Pferdebahn angelegt, wurde er 1922 so erweitert, daß insgesamt 45 Wagen in die Halle fahren konnten.

Im Bild ein Turmwagen der Bremer Straßenbahn AG, hier noch ein Holzwagen mit Pferdegespann. Dieser Turmwagen konnte ausgefahren werden, um damit die Oberleitungen der „Elektrischen“ reparieren zu können. Die Aufnahme entstand ungefähr 1924/25.

 

Hansabad
In einer Zeit mit Plumpsklos auf dem Hinterhof waren Wannenbäder eine wichtige sanitäre Einrichtung. 1928/29 wurde das alte Wannenbad am Steffensweg zu einem bis zur Hansastraße durchgehenden Bau umgestaltet. Damit entstand das Hansabad mit einer sportgerechten Schwimmhalle und einem Becken von 25 Meter Länge – für den Bremer Westen eine Attraktion. Familien, Schulklassen wie Betriebssportgruppen nutzten das Bad intensiv, bis es im Angriff vom 18. zum 19. August 1944 zerstört wurde. In dieser Nacht fiel ganz Utbremen – zwischen Doventor und Grenzstraße – in Schutt und Asche. Utbremen lag genau im Zentrum des schwersten Angriffs auf die Stadt.

Der Bremer Feuersturm

Der Panzenberg nach dem Feuersturm vom August 1944, links unten der wassergefüllte Krater einer Luftmine

In der Nacht vom 18. auf den 19. August erschien einer der gefürchteten 1000-Bomberströme  über der Stadt. In nur einer halben Stunde fielen 68 Minen-, über 10 000 Phosphor- und 100 000 Stabbomben auf Utbremen und angrenzende Stadtteile. Angefacht durch die Phosphorbomben entwickelte sich ein Feuersturm, der nichts als Verwüstung hinterließ. Briefträger für diesen Bezirk waren fortan überflüssig. Ein Jahr später erstellte der Luftschutz eine erschütternde Nachricht für die Briefzustellung. Darin listete er über 40 Straßen auf, in der eine Briefzustellung künftig überflüssig sei: Weil dort kein Mensch mehr wohne. Darunter die ehemaligen Lebensadern des Viertels wie Doventorsteinweg, Haferkamp oder Lützower Straße. In der Hauptverkehrstraße aber, der Utbremer Straße, existierten noch sieben Häuser, die inmitten dieser Wüste noch bewohnt waren. 

Wiederaufbau mit Grünzug West
Nach dem 2. Weltkrieg ist von dem eher städtischen Charakter dieses Quartiers historisch nichts mehr erhalten. In den 50er Jahren wurde das Gebiet zwischen Doventor und Grenzstraße nach einem völlig neuen Konzept planmäßig wieder aufgebaut. Mehrere Baugesellschaften, so auch der GEWOBA, bauten ein Utbremen im Stil der Zeit, mit mehrgeschossigen Zeilenhäusern und der Anlage eines Grünzugs. Eine wichtige Hilfe stellten dabei die Mittel des Marshall-Plans zur Verfügung. Nach einer bundesweiten Ausschreibung für Wideraufbau-Projekte traute sich allein Bremen ein Projekt zu, das im Gegensatz zu anderen Städten nicht am Stadtrand realisiert werden sollte. Hier in Utbremen splitterte sich die scheinbar so leicht zu bebauende Brache in unzählige Parzellen der Alt-Eigentümer auf.  Viele dieser Trümmergrund-Besitzer  wollten auf ihrem Grund und Boden wieder ein neues Haus bauen. Am Ende setzte sich aber das neue Konzept des aufgelockerten Bauens durch, „Licht und Luft“ lautete schon seit langem die Parole der Städtebaureformer.


Licht und Luft zwischen den Häusern anstelle der früheren Blockbebauung, links am Bildrand das Volkshaus an der Nordstrasse

 

 

Textbearbeitung für das Heimatmuseum nach der Veröffentlichung von C. Eckler-von Gleich: A. Saur

Fotos: Geschichtskontor
Film: Zentrum für Medien im LIS, Bremen

Zum Weiterlesen: Kulturhaus Walle (Hrsg), Walle – Utbremen 1860 – 1960, Ein photographischer Streifzug, Edition Temmen, 2007

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