Schon vor dem 2. Weltkrieg ist der Arbeitskräftebedarf sehr hoch, vor allem in den Zentren der Rüstungsproduktion – und Bremen gehört ganz vorn mit dazu. Als also nach dem Sieg über Frankreich im Juni 1940 französische Kriegsgefangene zur Verfügung stehen, meldet auch Bremen dringenden Bedarf an, muss aber nachweisen, wie es sie unterbringen will. Die Barackenlager, die später überall im Stadtgebiet eingerichtet werden gibt es noch nicht, es muss improvisiert werden. Leerstehende Schuppen, Tanzsäle und dergleichen werden hastig hergerichtet. Auch der ausgediente Frachter „Admiral Brommy“ im Holzhafen, muss als Unterkunft herhalten, liegt er doch in unmittelbarer Nähe zu den verschiedenen Hafenbetrieben, die dringend Arbeitskräfte brauchen.
So ziehen im August die ersten vierzig von insgesamt 4.200 französischen Kriegsgefangenen, die in Bremen waren, hier ein. Das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando „Admiral Brommy“ ist überhaupt das erste in Bremen. Es wächst schnell auf mehrere hundert Gefangene an. Aufgrund unhaltbarer Zustände, gegen die das Rote Kreuz mehrfach intervenierte, wurden die Gefangenen 1942 in die Ulrichsschuppen verlegt
Die Situation der französischen Gefangenen
Die Situation der in Gefangenschaft lebenden Franzosen wurde wie die aller „Fremdarbeiter“ von einer Vielzahl gesetzlich verordneter Diskriminierungen bestimmt: die Kennzeichnung der Kleidung mit weißen Lettern „KGF“ oder das Verbot in Gruppen auf dem Bürgersteig zu gehen. Streng untersagt war es, privaten Kontakt zu Deutschen aufzunehmen. „Feind bleibt Feind“! lautete der Appell an die deutsche Bevölkerung. Insbesondere waren Beziehungen zu deutschen Frauen streng untersagt; den Kriegsgefangenen drohte bei Entdeckung die Todesstrafe.
Unzureichende Versorgung
Die Versorgung mit Kleidung war schon ab 1941 unzureichend. Besonders nach der Befreiung Frankreichs im Sommer 1944 litten die Gefangenen Hunger, weil die Päckchen von zu Hause ausblieben und ihre Essensrationen nicht ausreichten. Ohnehin war der Kontakt mit ihren Familien streng reglementiert und die wenigen erlaubten Briefe unterlagen der Zensur.
Solidarität von Bremerinnen und Bremern
Zu den wenigen positiven Erinnerungen der ehemaligen Kriegsgefangenen gehören die hin und wieder erlebten Gesten der Solidarität von Bremerinnen und Bremern. Davon erzählt Paul Parize einer der Kriegsgefangenen aus dem Kommando „Admiral Brommy“, im November 1994 in einem Brief an die Enkelin von Dietrich Siemer, der damals sein Arbeitskollege war:
„Nach so vielen Jahren habe ich noch gut Ihren Großvater in Erinnerung:
einen Mann in den Sechzigern – damals das Alter meines Vaters – eher klein, aktiv und kräftig. Er kam zur Arbeit gut gekleidet, auf dem Kopf eine Matrosenmütze mit dem Wappen der Stadt Bremen. Andere Arbeiter hatten eine Mütze mit dem Hakenkreuz. Ich weiß nicht, welche Rolle sie in den Betrieben spielten, aber ich war misstrauisch ihnen gegenüber. Wie alle anderen, brachte sich Ihr Großvater sein Mittagessen in einer Ledertasche mit: einen kleinen „Henkelmann“ und eine emaillierte Blechflasche für den Kaffeeersatz. Einmal brachte er uns eine Orange mit, das war wahrscheinlich selten zu dieser Zeit, in einer Arbeiterfamilie in Bremen. Er hatte auch jedem ein paar Fausthandschuhe aus grobem Stoff gegeben, um uns vor der Kälte zu schützen.
Manchmal sah er sich um, um sich zu vergewissern, dass da niemand war, und dann sagte er uns etwas, was er im „Radio Tommies“ gehört hatte; einmal hat er uns ein Flugblatt gezeigt, das von englischen Fliegern abgeworfen worden war.“ „Ich glaube“, so schließt der Brief, „es wird Sie freuen, zu erfahren, dass sich in Frankreich noch jemand an Ihren Großvater erinnert, nach mehr als fünfzig Jahren. Ich denke, dass er einer der „Gerechten“ war, derjenigen Männer und Frauen, die unter Lebensgefahr die Ehre Ihrer Heimat gerettet haben.“
Text: Helga Bories-Sawala
Foto: Archiv Helga Bories-Sawala
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