Findorffstraße 99 – Mit den Betten zum Schlachthof gebracht

Unter der Adresse Findorffstraße 101 findet man heute die Frontseite der Halle 6 der Messe Bremen. Gleich nebenan unter der Hausnummer 99 war ab 1939 das Ehepaar Schwarz mit zehn Kindern gemeldet.

Eine Nachbarin mit gleicher Adresse erinnerte sich später:

„In der Baracke bewohnten sie drei Räume und eine vollständig eingerichtete Küche. Die genaue Anzahl der Betten und der Einrichtungsgegenstände weiß ich nicht.“

 

 

Nordwest-Seite des Bremer Schlachthof-Geländes 1935.

Aufnahmen aus dem Jahr 1935 zeigen Baracken genau an dieser Stelle. Fotos, die den Schlachthof wie auch den benachbarten Torfhafen in den Jahren von 1941 bis 1943 zeigen, konnten bislang nicht ausfindig gemacht werden. Über entsprechende Hinweise würde sich der „Arbeitskreis Erinnern an den März 1943“ freuen.

 

 

 

Familie Schwarz

Der Musiker Wilhelm Schwarz kam 1928 aus Metz nach Bremen, wo er 1931 Anna Marquardt heiratete. Nach dem Festsetzungserlass von 1939 konnte er seinen Beruf nicht mehr ausüben und arbeitete als Kraftfahrer für eine Drogerie. Die Tochter Gertrud arbeitete bei Karstadt. Mindestens drei der Kinder gingen zur Zeit der Deportation im März 1943 auf die Schule an der Gothaer Straße in Findorff. (Siehe: Als Schulkind deportiert)

Ein Nachbarin erinnert sich an den Tag der Verhaftung (gelesen von Rolf Becker):

Als einzige überlebte Tochter Anni die NS-Zeit. Anni hatte die Volksschule und die Berufsschule in Bremen besucht und wollte nach Ableistung des Pflichtjahres Friseurin zu werden.

Anni Grimm, geb. Schwarz, überlebte als einzige ihrer zwölfköpfigen Familie den NS-Völkermord

 

Als Opfer des Faschismus anerkannt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Deportation

An den Tag ihrer Verhaftung erinnerte sich auch Anni Schwarz in ihrem Entschädigungsverfahren genau:

Anni Schwarz ist nach dem Krieg nur kurz nach Bremen zurückgekommen, um nach Spuren ihrer Familie zu suchen. Diese fand sie nicht und verließ die Stadt wieder. Als Anni Grimm starb sie am 25. März 2007 in Wolfsburg. 2027 droht das Grab eingeebnet zu werden. Der Arbeitskreis setzt sich dafür ein, dass dies nicht passieren wird.

Am 8. März 2021 haben wir bei der Gedenkfeier am Kulturzentrum Schlachthof auch die Namen der Familie Schwarz gelesen.

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Im Jahr 2022 wurde der Platz vor dem Schlachthof  in „Familie Schwarz-Platz“ umbenannt.

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Vertiefung:

Ein Platz zur Erinnerung

Ein Zeichen der Wertschätzung

Beirats-Protokoll

Zu den anderen Stationen des Rundgangs:

Start: Vom Waller Friedhof zum alten Schlachthof – auf den Spuren der Sinti und Roma im Bremer Westen

  1. Waller Friedhof – ein Grab als Denkmal
  2. Mitten in Walle – Von Nachbarn denunziert, von Polizisten erfasst
  3. Leben auf der Parzelle – Ein Schmuckstück und eine Liste
  4. Blütenstraße – Wohnort des Haupttäters
  5. Gothaer Straße – Als Schulkind deportiert
  6. Am Torfhafen – Anzeige gegen den Haupttäter
  7. Findorffstraße 99 – Mit den Betten zum Schlachthof gebracht
  8. Schlachthof – Drei Tage im März
  9. Die Spur der Steine – Für einen würdigen Gedenkort
  10. Musikalischer Ausklang mit dem Dardo Balke-Trio

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